Digitalisierung ist Chefsache – Arbeitsfrühstück mit BM Schramböck

Um 8:00 in der Früh – vor den ersten zwei Kaffees – bin ich üblicherweise noch etwas langsam unterwegs, ich bin einfach eher eine Nachteule als ein Morgenmensch. Letzten Freitag habe ich da eine Ausnahme gemacht – noch nicht ahnend das am Abend mein zweiter Sohn auf die Welt kommen und damit sehr lang werden würde. Mit den ersten Sonnenstrahlen war ich jedenfalls aufgestanden, hatte nach einem doppelten Espresso Betriebstemperatur und bin zum Ministerium für Digitalisierung und Wirtschaft gefahren. Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck hatte eine durchaus ausgewogene Runde von Gründern, Führungskräften der FFG und AWS, sowie wichtige Vertreter der Startup Szene (etwa Austrian Startups Chef Markus Raunig) oder Stefan Jung von WeXelerate, zu einem Arbeitsfrühstück eingeladen – meine Erwartung war nicht sehr hoch, dafür die positive Überraschung umso größer. Es sollte tatsächlich kein PR-Stunt werden – im Gegenteil in straffen 60 Minuten wurde produktiv gearbeitet und man hatte Mühe nicht aufs Frühstücken zu vergessen.

Wie Innovation & Digitalisierung zur Chefsache wurden

Die Themen „Wirtschaftsstandort und Digitalisierung“ lösten bereits unter den letzten beiden Bundeskanzlern, sowie dem Vorgänger von Bundesministerin Schramböck – Harald Mahrer (Anm.: Designierter WKÖ Chef) die traditionellen Themen und die Konzern orientierte Politik ab.

Der heutige Bundeskanzler – Sebastian Kurz – war als Außenminister vor drei Jahren (fast auf den Tag genau) der erste der eine ganze Gruppe einlud und darauf hin eine Delegationsreise ins Silicon Valley organisierte. Eine Reise die sehr positive Nachwirkungen hatte – wenn man OPEN-AUSTRIA und andere Initiativen betrachtet die seither auf den Weg gebracht wurden.

Digitalisierung, Innovation und der Wirtschaftsstandort sind seither definitiv zur Chefsache geworden bzw. Chefsache geblieben! Die Themen sind dem amtierenden Kanzler Kurz so wichtig gewesen, dass sie gezielt bereits in den Regierungsverhandlungen – etwa durch Teresa Niss (Nationalratsabgeordnete ÖVP, Miba) und Florian Gschwandtner (Runtastic) und letztlich im Regierungsprogramm berücksichtigt wurden. Das Wirtschaftsministerium wurde kurzerhand zum Ministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (hier hatten wir eine Vorreiter Rolle gegenüber anderen EU Staaten). Eine erfahrene Expertin (siehe Lebenslauf) wurde als Ministerin gesucht, gefunden und angelobt. Das Thema ist zu wichtig um es in den Mühlen der Politik zu zerreiben – die Entscheidung gerade in diesem Feld auf eine politische Quereinsteigerin und Expertin aus der Wirtschaft zu setzen ist für mich persönlich gold richtig gewesen!

Neuer Stil in der Politik – Zuhören, Evaluieren, Arbeiten

Frau Dr. Schramböck eröffnete mit einer unglaublichen Lockerheit und Routine das Frühstück, erklärte kurzerhand das sie selbst aus der IT bzw. später Telekommunikationsindustrie kommt und das man dort das „Du-Wort“ pflegt. Sehr sympatisch – unsere Ministerin Margarete. Zwei Sätze später wurden die Regeln des Arbeitsfrühstücks von Dipl.-Ing. Martin Atassi, MBA – im Kabinett für die Agenden Digitalisierung und Startups zuständig – erklärt und der produktive Teil des Frühstücks startete prompt.

Jeweils 10 Minuten Brain-Storming, zu vier präzise ausgewählten Stationen (Funding & Scaling, Fachkräfte, Regulierung und Gründungen) – jeweils Moderiert durch Führungskräfte des AWS bzw. der FFG und des Ministeriums, gefolgt von einer schnellen Runde zur Priorisierung der Ideen und einer Runde mit kurzen Pitches der „Learnings“ an den Stationen. 70 Minuten später hatten wir ein paar wirklich wichtige Punkte auf einem Flip-Chart, die Anwesenden hatten (ein wenig) gefrühstückt und waren sichtlich positiv beeindruckt ob der Effizienz und des Tempos das hier vorgegeben wurde.

Der Schlüssel zum Erfolg ist die „ja aber“ Mentalität durch eine „ja und“ Mentalität zu ersetzen – das fällt uns Österreichern oftmals ganz schön schwer, wo wir doch immer so genau wissen was alles nicht geht.

Die Resultate und meine Hoffnung

Für mich sind 10 wichtige Themen bei diesem Arbeitsfrühstück aufgezeigt worden – die tatsächlich möglichst bald umgesetzt werden sollten. Wenn Österreich sein Potenzial im Bereich Innovation, Digitalisierung (Startups) und als Standort entfalten soll, dann müssen wir beginnen zu handeln. Nachstehende Probleme bzw. Hemmnisse zu Beseitigen wäre ein guter Anfang (wenn gleich wir wissen, dass es noch mehr bräuchte):

  1. Lohnnebenkosten und Dienstgeberabgaben Senkung (die Kosten für Arbeitskräfte sind die höchsten in der EU // wenn man alle Abgaben berücksichtigt!).
  2. Rechtlicher Rahmen bzw. Flexibilisierung für besseren Zugang zu Fachkräften (insb. Tele-Arbeit / Digital Nomaden)
  3. Bessere Regeln (Sozialversicherung, Steuerlich) für Mitarbeiterbeteiligungen
  4. Novellierung des Gesellschaftsrechts, Arbeitsrechts, Gewerberechts (in vielen Punkten nicht mehr Zeitgemäß)
  5. Eigene Rechtsformen für VC / PE Fonds (etwa z.B. SICAV)
  6. Digitalierung von Kapitalmaßnahmen (nicht nur von Gründungen) bei GmbHs
  7. Nationaler Dachfonds (z.B. nach Dänischem Vorbild)
  8. Vereinfachung und Restrukturierung von Förderungen
  9. De-Regulierung und Entbürokratisierung
  10. Direktflug von Wien nach San-Francisco!

Meine Hoffnung ist, dass die Ministerin für Digitalisierung ihre Praxiserfahrung in dieses Thema einbringt und es schafft diese Themen für den Wirtschaftsstandort umzusetzen. Wir Unternehmer sind in vielen Bereichen auf weniger Bürokratie, geringere Kosten und klarere Regelungen angewiesen.

Als Investor sehe ich Österreich im beinharten Standortwettbewerb leider noch am Ende des Feldes. Bei uns gibt es keine Investitionsprämie (mehr), wie etwa in Deutschland und wir haben auch einen viel zu schwachen Risikokapitalmarkt (Private Equity und Venture Capital). Europäische Initiativen nutzen wir nicht in voller Höhe, und es fällt uns schwer internationales Kapital nach Österreich zu locken. Die Problematik zieht sich bis zu den geregelten Kapitalmärkten – in diesem Sinne der Wiener Börse – durch, wo es kein Wachstumssegment, wie es sie etwa in Frankfurt SCALE oder in Stockholm an der NASDAQ Nordic (FIRST NORTH)) gibt.

Die Eindrücke weiterer Teilnehmer und allgemeine Stimmen zu diesem Event hat derBrutkasten sehr gut zusammengefasst.