Die Europäische Union kündigte diese Woche die Schaffung eines großen neuen Dachfondsprogramms namens VentureEU an. Bisher hatte die Europäische Union rund EUR 500 Millionen zur Verfügung gestellt, aber mit Hilfe privater Investoren soll es nun gelingen, über EUR 2 Milliarden dem professionellen Venture Capital Markt zur Verfügung zu stellen. Das Motiv hinter dieser Initiative liegt für Insider auf der Hand. Die immer größer gewordene Unterdeckung im Venture Capital Markt in Europa muss schnell behoben werden, da viel zu viele Gründer mit ihren Unternehmen die Europäische Union verlassen müssen, um ihre Finanzierung zu erhalten. VentureEU wird in Summe sechs Fonds für Investitionen in VCs umfassen, die sich auf Bereiche wie Digitalisierung, medizinische Technologien (medtech), Life Science, Bio-Tech und Energie konzentrieren.
Die EU ist in kritischen Technologien wie künstliche Intelligenz, Cybersecurity, Blockchain und dem Gesundheitswesen zu stark von externen Anbietern abhängig. Wenn man sich in diesen Feldern zukünftig behaupten möchte brauchen wir viel größere Muskeln. „Beim Risikokapital zählt die Größe!“ sagte Jyrki Katainen, Vizepräsident der Europäischen Kommission für Beschäftigung, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit, in einer offiziellen Erklärung.
Rudolf Kinsky, Präsident der Austrian Private Equity und Venture Capital Organisation (AVCO), kann dem nur zustimmen: „Wir stehen bei neuen Technologien im Wettbewerb mit den USA und Asien, aber im Vergleich ist in Europa der professionelle Venture Capital und Private Equity Markt mit einem Sechstel der USA noch viel zu klein – wiewohl die Nachfrage nach der Wirtschaftskrise enorm gestiegen ist. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es in der EU neben den Dachfonds des EIF (parallel) sehr gut etablierte nationale Dachfonds wie etwa in Dänemark, Finnland oder Estland gibt, die sicherstellen, dass in der jeweiligen lokalen Wirtschaft das Wachstum von technologisch orientierten Startups und KMUs finanziert wird. Die AVCO fordert einen solchen nationalen Wachstumsfonds auch für Österreich und arbeitet an einem konkreten Vorschlag, der sich am dänischen Modell orientiert.“
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Die EU hat sich mit den VentureEU Programm eine gewaltige Aufholjagd vorgenommen – ein Zeichen für die großen Herausforderungen vor denen Europa steht. Innovation, Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen sind heute – stärker denn je – mit einem funktionierenden Startup Ökosystem verwoben. Die EU spricht dieses Problem direkt an.
Europa muss aufholen!
Trotz der wachsenden Verbreitung von VC-Fonds in Europa haben sie im Durchschnitt nur ein Drittel der Größe der US-Venture-Fonds. In Europa gab es Ende 2017 nur 26 private Unternehmen im Wert von mehr als einer Milliarde Dollar, verglichen mit 109 in den USA und 59 in China. Durch Förderungen ist Europa in der Lage, Unternehmern bei der Gründung ihrer Unternehmen zu unterstützen, aber viel zu viele wandern später in andere Länder ab. Zu diesem Zeitpunkt suchen sie häufig eine professionelle Anschlussfinanzierung, die sie in Europa nicht erhalten. Es gibt auch andere Schranken, die es Startups heute noch immer sehr schwer machen in ganz Europa zu skalieren – der „gemeinsame Markt“ hat sicherlich noch viel Optimierungspotenzial.
Trotz des mutigen Schrittes der EU war die Enthüllung eine Erinnerung an die Grenzen, denen sie bei der Verlagerung der Finanzierungsdynamik in der Region ausgesetzt ist. Pläne für einen pan-europäischen Fonds wie diesen wurden bereits 2015 angekündigt. Es dauerte seither drei Jahre, bis dieser Punkt erreicht war. Und jetzt wird der Großteil des Geldes an VC-Fonds verteilt, die dann die besten Startups suchen werden und mit entsprechenden Mitteln ausstatten werden. In wie weit junge Märkte wie Österreich – oder etwa die CEE Länder – mit vielen sog. „First-Time Funds“ überhaupt eine Chance auf dieses Kapital haben, ist heute noch völlig unklar.
Europäische Investitionsfonds (EIF) hat gewählt
Der Europäische Investitionsfonds hat die Auswahl der sechs Fonds, die das Geld erhalten sollen, gesteuert. Der EIF soll die ersten beiden Verträge diese Woche unterzeichnet haben. Isomer Capital und Axon Partners Group bekamen als erste den Zuschlag.
Die anderen vier sollen noch in diesem Jahr zu unterzeichnet werden – wobei folgende Namen bekannt wurden: Aberdeen Standard Investments, LGT, Lombard Odier und Schroder Adveq. Die Mittel der Fonds werden dann an andere VCs in ganz Europa verteilt. Interessant, dass 2 in UK, 2 in der Schweiz und einer in Liechtenstein domiziliert sind. Die Mittel sollen an VC Fonds in der EU verteilt werden und man darf sich fragen, warum 4 von 5 Manager defacto aus non-EU Ländern* gewählt wurden?*) UK habe ich mir erlaubt aufgrund des beschlossenen Austritts als „non-EU“ in diesem Artikel zu zählen.—Vielen Dank für die wertvollen Inputs zu diesem Artikel Rudolf Kinsky.