TOP 10 Venture Trends 2019

Rückblickend waren die letzten Jahre in Sachen Digitalisierung und Innovation bereits sehr stark. 2017 war ein Rekordjahr für Venture Capital, 2018 wird meiner Beobachtung nach sogar noch stärker ausfallen und im Jahr 2019 dürfen wir uns zusätzlich auf eine Reihe großer Exits und viele Börsegänge (auch in Europa) freuen. Einzelne Startup Segmente werden stark konsolidieren (etwa FinTechs) und einzelne e-Health Startups werden die die neuen heißen Eisen der Szene.

2019 verspricht schon heute spannend zu werden und steht damit ganz im Zeichen der letzten Jahre. Ich kann mich nicht – auch nicht mit einem Blick in die Geschichtsbücher – an eine Periode erinnern, die derartige Umwälzungen (in Friedenszeiten) hervorbrachte, wie wir sie in den letzten Jahren erleben durften. Von einem Peak sind wir aber noch weit entfernt – in denke das dieser Trend jedenfalls noch bis 2025 anhält.

Die Top 10 wertvollsten Unternehmen der Welt sind heute fast ausschließlich Tech-Giants – ein gänzlich anderes Bild als in den Jahren 1990 oder 2001.

Quelle: https://paymentandbanking.com/die-wertvollsten-unternehmen-1990-2018/

Heute wie damals sind es Rohstoff-Unternehmen die das Ranking anführen, nur das der führende Rohstoff heute Daten und nicht mehr Mineralöl ist.  Unternehmen wie Apple, Alphabet (Google), Amazon, Microsoft, Facebook, Berkshire, JP Morgen Chase, Exxon Mobil und VISA – haben ihre Geschäftsmodell entweder gut umgestellt oder seit jeher auf Daten aufgebaut. Einzig Berkshire Hathaway (Warren Buffets Investment Unternehmen) würde ich als sehr traditionelle Vermögensverwaltung mit einem weiterhin sehr strikten Value-Ansatz bezeichnen.

Anmerkung: In der Infografik wurde meines erachtens TENCENT nicht berücksichtigt, welche meiner Meinung nach in dieser Liste aufscheinen müssten. 

Was aber bringt das Jahr 2019? Werden Tech-Firmen weiterhin dominieren? Welche Regionen werden aufsteigen und welche absteigen? Über Wikifolio verwalte ich transparent ein Musterportfolio von Unternehmen, welche ich als DIGITAL GAMECHANGER bezeichne. Was ich für 2019 erwarte – insbesondere auch für mein Tagesgeschäft „Venture Capital“ habe ich in diesem Blog zusammengefasst.

Technisch

Technologien verändern Industrien, unabhängig von deren regionaler Dominanz oder inhaltlichen Ausprägung (etwa Gesundheit, Produktion, Handel, Finanzen) – das macht sie für Venture Capital Investoren so attraktiv und gleichzeitig für etablierte Unternehmen so gefährlich. Ich gehe davon aus das Venture Capital Fonds mit starkem Technologie Fokus bessere Resultate erzielen werden, als jene die in Services und Plattformen investieren.

Technisch sehe ich sehr viel Aktivität und technisch starke Lösungen im Bereich Künstlicher Intelligenz. Ich erwarte für 2019 das vermehrt Anwendungen zur Produktivitätssteigerung in verschiedenen Branchen (erstmals stark spürbar für den Endkonsumenten) zur Anwendung kommen werden.

Bereits 2019 werden wir (auch in Europa) erstmals im Alltag vermehrt den Trend der Robotisierung wahrnehmen und ernsthafte Diskussionen führen wie viele „ungeliebte“ Jobs von leistbaren Maschinen übernommen werden können und sollten. Welche Veränderungen dies für die Arbeitswelt bedeutet.

Ich bin aber überzeugt – nicht nur weil ich Technologie liebe – das letztlich die Vorteile der Robotisierung überwiegen werden, Fehlervermeidung den Menschen den Alltag erleichtert und repetitive Arbeiten Ressourcen für komplexere Service Fälle frei macht, die heute aufgrund von Kostendruck vernachlässigt werden.

Trends nach Verticals

Ich bezeichne Startups oder Scale-Ups gerne als Schwarm von Piranhas – die jeder für sich nur einen sehr kleinen Bereich anknabbern, aber in ihre Summe disruptive Wellen bzw. Bewegungen auslösen. Wenn man sich die zeitliche Folge der „disruptierten“ Industrien in Verbindung mit der Entwicklung der digitalen Technologien (PC, Mobile, Internet of Things und bald Mixed Reality) ansieht, so fällt einem schnell auf das es hier nicht bloß eine Korrelation, sondern vielmehr eine Beschleunigung also einen exponentiellen Drift gibt der die Durchschlagskraft der Entwicklung verstärkt hat.


Quelle: https://www.duvalunionconsulting.com/

Ich sehe für 2019 starke Weichenstellungen für Scale-Ups – in diesem Sinne: „Unternehmen in der Internationalisierung“ – in folgenden zwei Branchen aufkommen:

  • e-Health

Der Gesundheitssektor ist komplex, die Daten sind heikel, aber der Kunde (Patient) schreit nach besseren Lösungen die dem Stand der Zeit entsprechen. Praktische Ärzte werden ihr Stethoskop gegen handliche Ultraschallgeräte tauschen, Labors die einzelne Bakterien-Kulturen analysieren werden von Next Generation Sequencing überholt und der Mensch selbst wird durch bessere Tracking Lösungen mit stärkerem Bewusstsein für Ernährung, Bewegung und Präventiv Medizinische Ansätze ausgestattet. All das verringert letztlich Kosten der staatlichen Gesundheitsversorgung und verringert Risiken (Kosten) bei Versicherungen.

Ich bin überzeugt, dass dieser Sektor gespeist u.a. durch Corporate Venture Fonds von Versicherungen, aber schrittweise auch mit stärkerer staatlicher Subvention (in Europa), wachsen wird. Nicht zuletzt deshalb haben wir uns im Rahmen des European Super Angels Clubs bereits dieses Jahr auf dieses Thema gestürzt und mit sehr viel Aufwand in ganz Europa die besten Lösungen am Markt analysiert und hervorgehoben.

  • Reg-Tech (die besseren FinTechs)

Die Welt hat sich in den letzten zwanzig Jahren nicht nur zum positiven verändert. Terrorismus, Geldwäsche, aber auch Wirtschaftskrisen sind zu einem globalen Problem mutiert, welche man durch drastische Verschärfungen in Regulierungen von Finanzmärkten, -instituten und Dienstleisteren (bis zu KYC beim Anwalt oder AML Prüfung beim Notar). Der Aufwand der damit Verbunden ist und die Fülle an Prozessen die neu geschaffen werden müssen, darf man getrost als Problem bezeichnen. Banken die ihr AML4 Prozesse nicht im Griff haben müssen mit enormen Strafen rechnen – so zahlte etwa ING unfassbare EUR 775 Mio. dieses Jahr.

Conclusio: Die Probleme die FinTechs lösen sind vernachlässigbar im Vergleich, zu den Lösungen die führende RegTechs anbieten. Der Markt ist riesig, die Zahlungsbereitschaft der Kunden lässt sinnvolle Geschäftsmodelle zu, aber es braucht extrem starke Lösungen – nur wenige schaffen es in der harten B2B Welt zu bestehen. Das österreichische RegTech Kompany hat es international geschafft zu einem führenden Scale-Ups in diesem Segment zu werden und ich bin sehr stolz dieses Unternehmen in unserem Portfolio zu haben.

Marktstruktur

Wir sehen nach 2017, mit Sicherheit auch 2018 und 2019 Rekordjahre im Bereich „Venture Capital“. Die Umwälzung der Industrien ist so stark, dass man auch mehr als das doppelte Kapital zur Verfügung stellen könnte und selbst dann wären noch immer hoch qualitative Deals möglich – möglicherweise sogar bei einem Vielfachen. Was allerdings stoppen würde währe der Brain-Drain – der Ausverkauf der Talente ins Ausland. Je mehr Kapital durch europäische Corporates und institutionelle Investoren bereitgestellt wird, umso mehr (regionales) Interesse würde auch an Exits entstehen.

  • Corporate Venture Capital

In den letzten Jahren war langsam zu beobachten, dass große Konzerne langsam aufgewacht sind und Corporate Venture Capital (CVC) Einheiten aufgelegt haben. Was noch vor wenigen Jahren einige wenige Konzerne (fast exotisch und ohne viel Aufsehen) begonnen haben wurde 2018 ein „Standard“. Wer 2019 keinen CVC hat, der hat dringend etwas nachzuholen!

Ich gehe davon aus, dass wir 2019 eine Reihe neuer CVC’s, verstärkt auch aus der Welt der führenden Mittelstandsunternehmen sehen werden. Die Corporate Venture Capital Association – der ich als Board Member mit Fokus auf den österreichischen Markt dienen darf – hat sich formiert, um Erfahrungen, Netzwerk und konzentrierten Austausch zu Rahmenbedingungen mit der Politik zu koordinieren. Diese Organisation wird auch als Anlaufstelle für Corporates dienen die sich in diesem Bereich betätigen wollen.

  • Venture-IPOs

Mit den Wachstumsmarkt Segmenten „SCALE“ (Börse Frankfurt), sowie „FIRST“ (Nasdaq Nordic) hat sich in Europa eine echte Alternative zu konventionellen later-stage Venture Capital Finanzierungen etabliert. Selbst das dritte Marktsegment der Wiener Börse öffnet sich per Ende Jänner 2019 KMU’s und man kann noch von einer Reihe weiterer Börsen lesen, die sich öffnen wollen.

Ich erwarte für 2019 und 2020 starke Jahre für Venture IPOs, als Alternative aber auch als Ergänzung zu herkömmlichen Finanzierungsformen über Fonds. Viele europäische Investoren hätten durch ein Listing erstmals die Chance auch Venture Risiken zu nehmen – da sie so (wenn auch nur beschränkt) liquide werden.

Gesetzgeber in vielen europäischen Ländern überlegen im Zuge von Reformen des Gesellschaftsrechts,  die Aktiengesellschaften zu überdenken und zu vereinfachen – so auch in Österreich (gibt zumindest das letzte Startup Frühstück bei Digitalisierungsministerin Schramböck zu hoffen).

  • Tokenization

Nach dem Bitcoin bzw. Crypto Investment Hype des letzten Jahres, hat die Verbriefung als Wertpapier über die Blockchain (sog. Tokens) einen regelrechten Siegeszug vollbracht. Verschiedene europäische Börsen sind ganz vorne dabei, diese Security Tokens handelbar zu machen (bisher ist dies der „missing link“).

Ich glaube fest daran das Security Tokens bereits 2019 an verschiedenen Börsen handelbar sein werden. Ich sehe allerdings nicht die größten Investment Chancen in Tokens, sondern vielmehr in dern Infrastruktur rundherum (insb. RegTECH).

Regional

Wer sich mit Asset-Management bzw. Asset-Allokation beschäftigt, der muss in seiner Allokation auch regionale bzw. Makro Trends berücksichtigen und hier finde ich insbesondere den „Trump Effekt“ sehr spannend.

  • Europa holt auf

Europa versucht es doch noch mal selbst. In den Regierungsprogrammen verschiedener Staaten – so auch Deutschland und Österreich – wurde festgeschrieben das man initiativen für mehr Risikokapital auflegen möchte.  Staatsfonds, Dachfonds, Förderungen, verschiedenste rechtliche Reformen und Sandboxes sollen Europa schneller und Wettbewerbsfähiger machen. Talente sollen in Europa bleiben bzw. sogar angelockt werden.

Obwohl der Weg zur Weltspitze ein steiniger ist, habe ich große Hoffnung das diese Initiativen greifen werden und Europa eine Chance hat.

  • China statt USA

Die US Wirtschaftspolitik und der Appetit nach uneingeschränkter Datenkontrolle führt zunehmend zu einem Imageverlust der Vereinigten Staaten von Amerika im Startup Ökosystem. Die Weltmacht Nummer 1, wird zwar im Jahr 2019 weiterhin die #1 bleiben, aber wir werden vermehrt Ausflüge, Kooperationen und Co-Investments mit Partnern in Asien (insb. China) sehen. Österreich unterzeichnete gerade neue Kooperationen für das GIN Programm mit Süd Korea und war mit großen Delegationen im Jahr 2018 sowohl in Singapur und China unterwegs.

Europa nähert sich langsam an Asien an und beginnt die USA stärker in Wettbewerb zu stellen. Ich nenne das den „Trump Effekt“ – nicht zuletzt weil ich es für wahrscheinlich halte das ein offenerer Präsident mit einer globaler ausgerichteten Politik das Blatt schnell wieder drehen könnte.