Wir sitzen zu Hause, die Zeit steht aber nicht still. Wir versuchen händeringend unsere Firmen zu retten, die Rettungspakete kommen aber noch nicht an. Unsicherheit prägt den Alltag. Die Wirtschaft liegt am Boden. Wir sind auf Notbetrieb. Wie lange wird das dauern? Können wir tatsächlich nicht produktiv sein und remote arbeiten? Nahezu alle Kunden verschieben ihre Projekte, kündigen Verträge oder zahlen offene Rechnungen nicht mehr. Es scheint fast so, als ob alle in Schockstarre verfallen sind. Die Aufgabenstellungen der verbliebenen Kunden sind andere als üblich – das ist klar. Zum Lachen gibt es auch immer noch etwas. Glücksitter melden sich aktuell laufend – berichten unsere Startups. Sie haben gehört, dass wegen der Krise alles gratis sei und wollen gerne konsumieren. Was es den gibt, will man wissen? Verrückte Zeiten.

Unsere Gesundheit hat oberste Priorität. Die Wirtschaft schon auch, aber in erster Linie wollen wir das der Staat sich darum kümmert. Wir sind „Vollkasko“ Service gewohnt. Krisen sind unangenehm, die wollen wir gar nicht. Wir müssen helfen, koste es was es wolle. Das sehen wir wie unsere Politiker. Wir verschenken Leistungen, Produkte, Services und fühlen uns gut. Wäre da nicht das Problem, dass wir noch immer auf die Bestätigung unserer Rettungspakete warten. Hoppla – nochmal nachgerechnet – jetzt wird es eng. Investoren haben im Moment auch keine Lust frisches Geld zu investieren. Vielleicht haben wir doch ein Problem und können uns das so gar nicht leisten?

Wer etwas kostenpflichtig anbietet, bekommt einen Shitstorm angetragen. Soviel ist klar. So richtig darüber nachgedacht wird da nicht. Es wird vielfach übersehen das die Geschenke, die wir aktuell bejubeln vielfach in den Folgejahren – etwa durch leichtfertig unterschriebene Verträge – ganz schön teuer werden können. Vorsicht bei „Freemium“ Modellen und Vertragsbindungen. Gratis ist nicht immer günstig. Es empfiehlt sich das Kleingedruckte zu lesen. Reflektieren wir kurz und überlegen wir ob das Verschenken in dieser Zeit die Krise generell schlau ist. Verstärkt sich die Krise möglicherweise, wenn wir verschenken was wir uns nicht leisten können? Wäre es nicht besser das Unternehmen weiterhin Umsatz machen, Steuern zahlen, als sich an Rettungsschirme und Rettungspakete zu klammern?

Unternehmer lieben in der Regel ihre Freiheiten und scheuen nicht vor harter Arbeit oder Herausforderungen zurück – warum machen wir sie kollektiv zu Bittstellern? Warum fordern wir von EPUs, Startups und Co., dass sie mit der Gratis-Welle verschiedener internationaler Technologiekonzerne mithalten? Unsere Startups sind keine Opfer, sie können in vielen Fällen wertvolle Lösungsanbieter sein. Einige Startups haben – neben ihrem Core-Produkt rasch Lösungen umgesetzt wie www.gutschein-nachbar.at, wo sie eben genau diese wichtigen Umsätze vermitteln. Austrian Startups veranstalten unter dem Titel „HACK THE CRISIS“ einen Hackathon und wollen sich weitere smarte Lösungen einfallen lassen – SUPER INITIATIVEN DANKE!

Der Arbeitsalltag eines Unternehmers ist im Moment nicht ohne. Mitarbeiter werden geschützt durch Kurzarbeit, aber wer schützt den Unternehmer? Richtig gelesen – wir Unternehmer machen uns gerade richtig sorgen. Wir haben die Wahl zwischen Verschuldung (verschieben von SV und Steuern), noch mehr Verschuldung mit Garantien (KMU Garantie) oder einem Härtefonds dessen Details wir noch nicht kennen. Wir kämpfen um Liquidität und müssen in fast allen Programmen erneut Liquidität vorstrecken (wie so oft bei Förderungen). Man verbringt Stunden und Tage um sich in die Programme einzulesen. Das Ausfüllen der Fülle der Anträge ist nicht gerade selbsterklärend. In der aktuellen Lage fühlen wir uns nicht wohl – wir sind Unternehmer geworden, weil wir Selbstbestimmung schätzen und wir sind Bittsteller geworden. Wir sind bereit mehr zu leisten. Wir wollen arbeiten, Teil der Lösung sein und keine Opfer.

Die Politik tut das was sie kann. Nach bestem Wissen und Gewissen werden schnell und (hyper)aktiv Maßnahmen gegen den Abschwung entwickelt und präsentiert. Hilfsprogramme greifen aber nicht sofort und auch nicht flächendeckend. Es gibt zu viele Spezialfälle. Ein Härtefall in einem Betrieb mit 25 Personen, ist schon kein Kleinstunternehmen mehr und wird nichts aus dem Fonds der WKO bekommen / außer der Unternehmer entlässt 15 Mitarbeiter bis 31.3.2020 (Stichtag). Wenn das Unternehmen  Kurzarbeit angemeldet hat, darf es nicht mehr (Kündigungsschutz) entlassen. Von 48 Stunden war die Rede, viele Warten bereits eine Woche. Wie lange es noch dauern wird bis man Rechtssicherheit hat, das kann einem keiner sagen. Nach einem freundlichen Telefonat mit dem AMS, ist man kaum beruhigt. Sie wissen auch nicht mehr. Wenn die Überbrückung bis zur Auszahlung der AMS Gelder (bis zu 90 Tage / man rechnet aber laut Kronenzeitung mit 2 Monaten) nicht zwischenfinanziert werden kann, dann wird das Unternehmen auch kaum KMU Garantien bekommen (URG).

Es sind dramatische Zeiten. Arbeitslosenzahlen steigen. Existenzen stehen auf dem Spiel. Milliarden an Fördergeldern und Investments für Österreichs Innovatoren und Zukunftsunternehmen der letzten 10 Jahre drohen zu implodieren. Als Standort drohen wir zurückzufallen. Was tun? Wie kann man hier helfen und ein Teil der Lösung werden?

Wir müssen umdenken! Die Bevölkerung sollte von Unternehmern fordern, dass sie nicht aufgeben und ihnen den Rücken stärken. Lokal kaufen und regionale Services
beziehen ist der beste Weg, um den Motor laufen zu lassen. Wir brauchen eine Bewegung mit ein wenig volkswirtschaftlichem Verständnis. Mir ist bewusst das ist viel verlangt. Hashtags a la #wirschaffendas – motivieren und sind gut, aber wir brauchen Taten. Wir müssen unser Geld dort einsetzen, wo unsere Worte sind. Österreichs Wirtschaft lebt von Unternehmern und Kunden, von Lieferanten, Dienstleistern, Erfindern, Produzenten und der Infrastruktur – es ist ein komplexes Netz. Wenn wir alle auf die Bremse treten und in Schockstarre verfallen – dann haben wir die Büchse der Pandora geöffnet.

Ärzte, Apotheker, Logistiker, Infrastruktur und Lebensmitteleinzelhandelskräfte Arbeiten tapfer weiter. Warum also raunzen und auf Hilfe warten. Nutzen wir die Zeit. Wenn die einen den Notbetrieb aufrecht halten können, dann können wir auch ein produktiver Teil der Wirtschaft sein. Sehen wir es als Chance. Denken wir um und machen wir die Welt zu einer besseren – nach der Krise. Remote Arbeit war lange für viele Dinosaurier undenkbar, jetzt sehen wir wie gut es funktioniert. Ohne Dienstreisen und Büros auszukommen wäre möglich – die Welt nach der Krise kann eine andere sein und das meine ich durchaus positiv.

Wir können vielmehr als nur raunzen! Lasst uns kreativ sein. Handel betreiben und hören wir auf mit dem Finger zu zeigen, wenn jemand etwas Kostenpflichtiges anbietet. Nicht jeder ist gleich ein Abzocker. Im Gegenteil viele Startups bieten unter ihren Infrastrukturkosten an, weil sie versuchen mit Tech-Riesen (Google, Microsoft und Co) mitzuhalten. Diese stürmen gratis in den Markt und binden Kunden viele Jahre in Folge. Der Kunde kann hier bewusst eine Entscheidung für unseren Standort treffen und als (kleiner) fair zahlender Kunde Arbeitsplätze und gemeinsam den Standort retten.

Wenn Kunden einer Branche nicht kaufen können, dann könnte der Staat als Käufer – statt mit einem Rettungspaket – auftreten und Produkte, Services oder Lizenzen für diese Branchen zur Verfügung stellen. Der Effekt der durch Umsatz ausgelöst von Staatlichen-, Landes- und Gemeindebetrieben erzielt werden würde, würde viel schneller in der Wirtschaft ankommen. Umsatz hilft schneller als jedes Hilfspaket. Man spart sich viel Bürokratie und hält den Fokus der Unternehmen auf ihrem Kerngeschäft. Vergaberechtlich gibt es für eine solche Lösung sicherlich Einschränkungen, aber wenn die EU-Schuldengrenzen aussetzen kann, dann kann man vielleicht auch hier über eine Lösung sprechen. Wo ein Wille da ein Weg denke ich mir.

Angesichts der enormen Schulden, die notwendigerweise gemacht werden, erlaube ich mir einen letzten Gedanken. Wir sollten uns ebenfalls darauf verständigen, dass es ein wichtiges Gegengeschäft geben muss. Ein Gegengeschäft das insb. Konzerne und deren Aktionäre im Hinterkopf behalten sollten. Unternehmen die wir (Steuerzahler) retten, sollten in Zukunft daran arbeiten mit uns gemeinsam den Planeten zu retten. Nutzen wir Technologien und unseren Wohlstand, um Gutes zu tun. Unter dem Titel “If We’re Bailing Out Corporations, TheyShould Bail Out the Planet“ bringt dieses Thema ein fantastischer Artikel im New Yorker auf den den Punkt.

Lasst den Kopf nicht hängen. Spendet Applaus für gute Ideen. Helft wo ihr könnt, aber hört auf alles zu verschenken. Wenn wir alles verschenken, begeben wir uns in eine Abwärtsspirale, die kein Rettungspaket jemals auffangen könnte. Kauft und verkauft, betreibt Handel – das ist nichts Unanständiges, solange ihr fair bleibt. Kopf aus dem Sand nehmen und beginnen nach vorne zu schauen. Es geht für viele von uns auch ohne Förderungen. Es ist Zeit das unternehmerische Talent und unser Gewissen als Konsumenten (nicht nur im Lebensmittel Einzelhandel) zu aktivieren.